Kurz vor Weihnachten mag man ja nicht wirklich über Krisen- und Katastrophensituationen nachdenken und auch in den Medien sieht man bereits überdeutlich, wie die aktuellen Krisen kaum noch Berücksichtigung finden. Das ist – nebenbemerkt – ein ganz typisches Medienverhalten. Wenn die Menschen im Lande eine Weile kaum etwas anderes sehen und hören als Ebola, türkisches Grenzgebiet und Kämpfe in der Ostukraine, dann werden sie dessen müde. Bei diesen drei Themen haben wir diesen Punkt nunmehr erreicht. Gestorben wird täglich weiter – aber es berichtet keiner mehr.
Tatsächlich haben wir zur Zeit ein Bedrohungsszenario, dass wesentlich stärker ist, als noch vor wenigen Jahren. Hinzu kommen nämlich jetzt auch die ausländerfeindlichen Aktivitäten in Deutschland. Nie waren die Rechtsextremen so aktiv wie heute und zahlreiche Bürger, die sich selbst nie als extrem bezeichnen würden, schließen sich den Bewegungen an. Ob PEGIDA oder brennende Asylantenunterkünfte. Es rumort auch bei uns. Die Politik hat keine Rezepte und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis hier und da Vulkane aus Hass ausbrechen, mehr Menschen auf die Straßen gehen und Vorfälle wie in Köln im ganzen Bundesgebiet passieren können. Ich selbst war bei den London Riots in 2011 als Bewohner der Stadt dabei und habe gesehen, wie schnell sich die Gewalt und das Brandschatzen ausbreiten können – und wie hilflos die Polizei reagiert, wenn die Plünderer, Schläger und Zerstörer nur gut genug organisiert sind.
Das neu erschienene Buch von Survival-Trainer Lars Konarek mit dem Titel Überleben in Krisen- und Katastrophensituationen kommt da zur rechten Zeit.
Der Autor eröffnet es mit einem sehr realistischen Szenario. Ein kompletter Blackout. Ein Stromausfall, der tagelang andauert. Was harmlos zu beginnen scheint und am Anfang durchaus romantisch wirkt (Kerzenschein im Haus), entwickelt sich über Tage zum Horrorszenario. Er zeigt auf, wie es durch Unterversorgung bald zu lebensbedrohlichen Situationen kommt und wie unvorbereitete Menschen schon nach wenigen Tagen ums Überleben kämpfen. Es fallen alle gesellschaftlichen Konventionen – und wer unvorbereitet in diese Situation kommt, hat sehr schlechte Karten.
In der Folge beschreibt Konarek sehr anschaulich und reich bebildert, was man an Ausrüstung für Krisen braucht. Er beginnt mit dem in der Prepper-Szene zum Standard gehörenden BOB (bug-out-bag), geht weiter zum INCH-Gepäck (I’ll never come home) und stellt dann alle Notausrüstungsgegenstände im Detail und mit Foto vor. Dazu gehört alles, was man draußen braucht und was man bereits vorbereitet Zuhause haben sollte.
In Teil 2 des Handbuchs für Jedermann geht Konarek auf das Überleben im Freien ein. Hier geht es um Kleidung, Schutz vor Kälte und Hitze, Orientierung und den richtigen Einsatz des Equipments. Natürlich geht es hier auch um Wasser und Ernährung, sowie das Feuermachen. Behandelt wird auch das Long-Range-Trekking, also das Zurücklegen längerer Wege. Dazu gehört auch die Tarnung, das Überwinden von Hindernissen und die Selbstverteidigung. Selbst die Körperpflege draußen wird gut erklärt und auf die pflegebedürftigen Körperteile reduziert.
In Teil 3 geht es um die Ernstfallpsychologie. Wie überwindet man Stimmungstiefs und Einsamkeitsgefühl und wie kann man besser mit der eigenen Angst umgehen.
Erweiterte Erste Hilfe Maßnahmen stellt der Autor erst vor, nachdem er deutlich empfiehlt, tatsächlich alle zwei Jahre einen Ersten Hilfe Kurs zu machen. Am Besten bei einem Rettungssanitäter, der auch Tipps aus der Praxis liefert. Noch besser sei eine Hospitanz in der Notaufnahme eines Großstadt-Krankenhauses, aber das dürfte den meisten Lesern kaum möglich sein.
Das letzte Kapitel beschäftigt mit dem Überleben nach einem atomaren Zwischenfall. Hier lässt der Autor genau wie der Korrekturleser etwas nach. Allerdings ist hier in der gängigen Literatur und selbst in der Militärausbildung generell der Trend zur Verharmlosung der Auswirkungen radioaktiver Kontamination spürbar. Ich selbst erinnere mich da stets mit einem Lächeln an meine eigene Ausbildung zum ABC-Abwehr Truppführer bei der Bundeswehr, an der ich 1985 freiwillig teilnahm. Das war eher komisch als hilfreich…
Insgesamt ist das vorliegende Buch natürlich für Prepper eine Art Bibel, mit deren Hilfe man sehr viele Situationen entschärfen kann und nicht nur das Gefühl hat, besser vorbereitet zu sein. Wer sich an die Anleitungen hält, steigert tatsächlich die Chance im Krisen- oder Katastrophenfall zu überleben.
Ich gehe da aber noch einen Schritt weiter: dieses Buch braucht jede Familie und es ist ein Buch, das man nicht einfach in den Bücherschrank stellen sollte.
Mit diesem Buch kann man nämlich auch richtig Spaß haben. Wenn Du Kinder hast, bietet dieses Buch zahlreiche Möglichkeiten, Deinen Kindern etwas beizubringen, was in unserer Welt schon in Vergessenheit geraten ist. Hast Du mit Deinen Kindern schonmal draußen gezeltet? Zum Anfang reicht der Garten.Habt ihr schonmal mit einer weggeworfenen Dose Feuer gemacht, Euch bei einer Nachtwanderung orientiert? Das Buch bietet somit auch für alle, die ihren Kindern mal etwas Abenteuer draußen bieten möchten, genug Stoff zum Nachmachen.
Insgesamt ein großes Kompliment an den Autor. Die Anleitungen sind leicht verständlich und durch die gute Bebilderung ist das Erlernen der Fertigkeiten viel einfacher. Gut auch, dass der Autor immer wieder auf die Qualität der Ausrüstung eingeht und nicht zu Übertreibungen neigt.
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